Mazedonisch (mazedon. македонски јазик, transliteriert makedonski jazik), auch Makedonisch, mit Bezug auf Griechenland auch Slawomazedonisch, ist eine Sprache aus der südslawischen Untergruppe der slawischen Sprachen, die ihrerseits zu den indogermanischen Sprachen zählen. Es wird überwiegend in der Republik Mazedonien gesprochen. Am engsten verwandt ist es mit dem Bulgarischen. Die mazedonischen Dialekte sind Teil eines Dialektkontinuums, das sich sowohl zum Bulgarischen als auch zum Serbischen fortsetzt.
Das Mazedonische wird in der Linguistik zusammen mit dem Bulgarischen zur östlichen Gruppe der südslawischen Sprachen gerechnet, die sich durch
zahlreiche Merkmale von der westlichen Gruppe und teilweise auch von den übrigen slawischen Sprachen unterscheidet.
Aufgrund der großen Ähnlichkeit zum Bulgarischen wurden die mazedonischen Dialekte, solange keine eigenständige mazedonische Schriftsprache
bestand, meist als bulgarische Dialekte eingeordnet, so dass Bulgarisch synonym mit Ostsüdslawisch gebraucht wurde. In Bulgarien ist diese
Betrachtungsweise noch heute allgemein üblich. In der Republik Mazedonien werden hingegen heute alle autochthonen slawischen Varietäten der
historischen Region Makedonien als 'Mazedonisch klassifiziert, so dass hier Mazedonisch synonym zu Ostsüdslawisch auf dem Gebiet Makedoniens
gebraucht wird. In diesem Kontext wird auch die von Kyrill und Method begründete altkirchenslawische bzw. altbulgarische Schriftsprache, da
sie ursprünglich auf dem Dialekt der Umgebung von Thessaloniki beruhte, als eine Form des Mazedonischen betrachtet.
Im Rahmen der nicht auf genealogischer Sprachverwandtschaft, sondern auf Sprachkontakt durch räumliche Nähe begründeten Sprachbund-Theorie
gehört Mazedonisch zum Sprachbund der Balkansprachen.
Mazedonisch wird von ca. 2 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen. Die Mehrzahl der Sprecher betrachtet sich als Angehörige des mazedonischen
Volkes. Von den Sprechern leben knapp 1,4 Millionen in Mazedonien, wo es Amtssprache ist.
Kleinere Gruppen leben in Griechenland und Albanien, wobei die genauen Zahlen aufgrund von Klassifikationsproblemen und Mangel an genauen Statistiken
umstritten sind.
Im Nordwesten des griechischen Makedoniens gibt es eine Minderheit, die ostsüdslawische Varietäten spricht, die von vielen Slawisten dem Mazedonischen
zugerechnet werden. Die mazedonische Standardsprache ist dort jedoch nicht gebräuchlich, so dass es sich um "dachlose Außenmundarten" handelt. In
Griechenland werden diese Varietäten gewöhnlich als Slawomazedonisch, Bulgaromazedonisch oder einfach als Slawisch bezeichnet, da das Wort Mazedonisch
dort gewöhnlich mit Bezug auf die griechische Region Makedonien als ganze verwendet und seine Verwendung zur Bezeichnung einer nicht-griechischen Sprache
als Angriff auf die nationale Identität der griechischen Makedonier interpretiert wird. In der ausländischen Slawistik werden diese Varietäten auch als
Ägäis-Mazedonisch bezeichnet, in der bulgarischen Slawistik werden sie ebenso wie die übrigen mazedonischen Varietäten zum Bulgarischen gezählt.
Im Südosten Albaniens gibt es eine kleine mazedonischsprachige Minderheit, die eigene Schulen führt.
Die im Südwesten Bulgariens gesprochenen ostsüdslawischen Varietäten werden von Linguisten aus der Republik Mazedonien als Mazedonisch, von solchen aus
Bulgarien als Bulgarisch klassifiziert. Als Standardsprache ist dort das Bulgarische im Gebrauch.
Durch jüngere Auswanderung leben Sprecher auch in Slowenien, Kanada, USA, Australien, Ungarn sowie in Deutschland.
In der Publizistik der Kommunistischen Partei und der Partisanenbewegung in der ersten Hälfte der 1940er Jahre wurde das Mazedonische zur Schriftsprache
erhoben und erstmals systematisch ausgebaut.
Das kyrillische Alphabet des Mazedonischen in seiner heutigen Form, die sich größtenteils am Vorbild des kyrillischen Alphabetes des Serbischen orientiert,
wurde 1945 kodifiziert. Von der serbischen Kyrilliza unterscheidet es sich durch die andere Form der Buchstaben ѓ (serbisch ђ bzw. đ in Lateinschrift)
und ќ (serbisch ћ bzw. ć) sowie durch den zusätzlichen Buchstaben ѕ (der den im Serbischen nicht existierenden Laut [dz] wiedergibt). Das mazedonische
Alphabet hat daher 31 Buchstaben (das serbische 30).
1945 wurde das Mazedonische zur Amtssprache der neugeschaffenen Teilrepublik Mazedonien innerhalb Jugoslawiens proklamiert.
Das Mazedonische ist heute eine voll ausgebaute, für Äußerungen in allen Lebensbereichen gerüstete Standardsprache. Auch wenn eine Verständigung mit den
Sprechern des Bulgarischen problemlos möglich ist, werden mittlerweile beide Idiome als eigenständige Sprachen angesehen. Da die mazedonische Schriftsprache
auf den Dialekten der Region um die Städte Kicevo, Bitola, Struga und Ohrid im westlichen Mazedonien basiert, die bulgarische hingegen überwiegend auf den
Dialekten des östlichen Bulgariens, ist der Unterschied zwischen Mazedonisch und Bulgarisch in der Schriftsprache größer als in der gesprochenen Sprache.
Tatsächlich ist zwischen beiden Sprachen ein Dialektkontinuum festzustellen, in dem nur wenige Isoglossen in der Nähe der Staatsgrenze verlaufen, so dass
die Mundarten des östlichen Mazedoniens den Mundarten des westlichen Bulgariens ähnlicher sind als beispielsweise den Mundarten in der Region von Ohrid
oder Skopje und eine sprachimmanente Dialektgrenze zum Bulgarischen nicht gezogen werden kann[8].
Einige grammatische Unterschiede zwischen der westlichen und der östlichen Dialektgruppe des Mazedonischen:
Eigenschaft | West | Ost |
Hilfsverb bei der 3. Person des resultativen Perfekts |
fehlt тој бил (er war) |
obligatorisch он е бил (er war) |
deiktischer Artikel | vorhanden куќата, -на, -ва (das Haus) |
fehlt nur куќата (das Haus) |
obliquer Kasus | vorhanden го видам Ивана (ich sehe Ivan) |
fehlt го видам Иван (ich sehe Ivan) |
satzinitiale Klitika | erlaubt ги имам видено (ich habe sie gesehen) |
ungrammatisch |
Vergangenheitsform mit има |
vorhanden имам речено (ich habe gesagt) |
fehlt nur реков (ich habe gesagt) |
Mit dem Bulgarischen teilt das Mazedonische viele für slawische Sprachen untypische Merkmale, so z. B. die Existenz
eines bestimmten Artikels, der dem Wort nachgestellt wird (vgl. книга Buch, книгата das Buch,
новата книга das neue Buch), und den vollständigen Entfall des Genitivs.
Im Mazedonischen gibt es ebenso wie im Bulgarischen den fürs Slawische untypischen Renarrativ.