Das Albanische (Eigenbezeichnung Gjuha Shqipe /ˈɟuˌha ˈʃciˌpɛ/) bildet einen eigenen Zweig innerhalb der
indogermanischen Sprachfamilie.
Es herrschen zwei Dialektgruppen: im Norden die Gegische, im Süden die Toskische, die sich weiter in zum Teil sehr unterschiedliche lokale
Dialekte untergliedern. Die moderne albanische Schriftsprache wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf der Grundlage toskischer Dialekte
entwickelt. 1972 kam dieser Prozess auf einem Kongress in Tirana zum Abschluss. Seit einigen Jahren mehren sich die Stimmen insbesondere
aus dem Kosovo, verstärkt gegische Varianten in der Sprachpolitik zu berücksichtigen.
Der Wortschatz enthält überaus viele Lehnwörter aus dem Lateinischen, einige aus dem Altgriechischen; später kamen Entlehnungen aus dem
Bulgarischen, Italienischen, Französischen und dem Türkischen hinzu.
Albanisches Sprachgebiet in Südosteuropa und Süditalien
Die albanische Sprache wird größtenteils in Albanien, Kosovo, Mazedonien, Serbien und Montenegro gesprochen. Alteingesessene albanischsprachige
Minderheiten leben in Süditalien und auf Sizilien (s. Arbëresh) und in Griechenland. (s. Arvaniten bzw. Çamen).
Insgesamt sprechen über 6,7 Mio. Menschen albanisch, davon ca. 3,1 Mio. in Albanien selbst, ca. 2,6 Mio. in den übrigen Balkanländern und mehr als
eine Million Emigranten in aller Welt.
Die albanische Sprache entstand im Lauf des Mittelalters in Teilen des heutigen albanischen Siedlungsgebietes, vermutlich in den Gebirgsregionen
zwischen den Flüssen Drin im Norden und Nordosten und Shkumbin im Süden. Von Albanern als Bevölkerungsgruppe und Sprechern dieser Sprache berichten
byzantinische Schriftsteller, z. B. Anna Komnena, erstmals im 11. Jahrhundert. In den folgenden drei Jahrhunderten breiteten sich die Albaner vor
allem nach Süden und Osten aber auch zur Adriaküste hin aus. Mit diesen Wanderungen verbreitete sich ihre Sprache, die noch keine einheitliche Schriftform
hatte, in Epirus, Teilen Griechenlands, Mazedoniens und des Kosovos aus. Im 14. Jahrhundert sind albanisch besiedelte Landstriche in Thessalien und sogar
in Attika (Region um Athen) bezeugt. Im heutigen Albanien assimilierte sich die vorhandene slawische Bevölkerung langsam an die Albaner und übernahm deren
Sprache. Dieser Prozess dauerte bis ins 20. Jahrhundert hinein an.
Von den Sprachwissenschaftler wird vermutet, dass das Albanische sich aus dem Idiom der alten Illyrer entwickelt hat, die in der Antike den westlichen
Balkan bewohnten. Das illyrische Substrat, auf dem im Mittelalter das Albanische entstand, war aber durch den Einfluss des Lateinischen schon stark
überformt worden. Man kann das Albanische als Ergebnis einer abgebrochenen Romanisierung ansehen. In der Antike hatten sich im albanischen Hochland
römische Kultur und die Latinität nicht endgültig durchsetzen können, und mit dem Ende der römischen Herrschaft im 5. Jahrhundert nahm die Sprachentwicklung
in Albanien dann einen eigenen Weg.
Eindeutige Belege für den illyrischen Ursprung des Albanischen lassen sich jedoch nur schwer beibringen, da es an aussagekräftigen Zeugnissen für diese antike
Sprache fehlt. Das Illyrische ist nur in wenigen Inschriften und Erwähnungen bei lateinischen und griechischen Autoren überliefert. Trotz allem ist die
Illyrerthese die wahrscheinlichste Erklärung für die Existenz der weder slawischen noch romanischen Sprache, zumal sich ihre grammatische Struktur deutlich vom
Lateinischen einerseits und von den östlich des Illyrischen gesprochenen thrakischen Idiomen (soweit feststellbar) andererseits unterscheidet, aber eine Reihe von
Ähnlichkeiten mit dem Griechischen hat. In jedem Fall aber ist Albanisch neben Griechisch die einzige noch heute gesprochene Balkansprache mit dominierenden
vorrömischen Wurzeln.
Die ältesten schriftlichen Zeugnisse des Albanischen stammen aus dem 15. Jahrhundert. Von Pal Engjëlli, albanischer Erzbischof von Durrës, ist der erste albanische
Satz überliefert worden. Es handelt sich um die Taufformel: Un'te paghesont' pr'emenit t'Atit e t'Birit e t'Spirit Senit (dt.: Ich taufe Dich im Namen des Vaters und
des Sohnes und des Hl. Geistes), die der Kleriker 1462 in einem Brief niedergeschrieben hat.
Der aus Köln stammende Jerusalem-Pilger Arnold von Harff, der auch Albanien durchquert hatte, überlieferte in seinem Reisebericht aus dem Jahr 1496 eine kurze
albanisch-deutsche Wortliste.
Das älteste albanischsprachige Buch, Meshari, wurde 1555 von dem katholischen Kleriker Gjon Buzuku geschrieben.
Erst im 19. Jahrhundert entstand, abgesehen von einigen wenigen Vorläufern, eine albanische Literatur. Nach 1870 wurden die ersten Zeitungen und Zeitschriften
gegründet. Zu dieser Zeit wurde das Albanische je nach konfessioneller Zugehörigkeit entweder in lateinischer oder in griechischer Schrift, seltener auch mit
arabischen Buchstaben geschrieben. Die Unterstützer der albanischen Nationalbewegung bemühten sich Ende des 19. Jahrhunderts um die Vereinheitlichung der Schreibweise.
Der brauchbarste Vorschlag war das so genannte "Stamboler Alphabet" ("Stambol" alb. für Istanbul) von Sami Frashëri, einem bedeutenden albanischen Gelehrten, der in der
osmanischen Hauptstadt lebte.
Im November 1908 trafen sich albanische Intellektuelle aus allen Teilen des Landes zum Kongress von Monastir im heutigen mazedonischen Bitola. Auf dieser Versammlung
wurde endgültig beschlossen, dass die albanische Sprache fortan ausschließlich in lateinischer Schrift geschrieben werden sollte. Als Ausgangsbasis dienten das Stamboler
Alphabet und das in Shkodra gebräuchliche von Gjergj Fishta entwickelte "Bashkimi-Alphabet" ("Bashkimi" alb. für die Vereinigung). Man einigte sich außerdem auf eine
streng phonetische Schreibweise mit nur zwei Sonderzeichen: Ç/ç und E/ë; dies waren die beiden Zeichen, die schon damals auf der französischen Schreibmaschinentastatur
zu finden waren. Alle anderen Laute des Albanischen, die keine Entsprechung im lateinischen Alphabet haben, werden durch Buchstabenkombinationen ausgedrückt. Die Regelungen
von 1908 sind bis heute gültig und man kann den Kongress von Monastir mit Recht als die Geburtsstunde der albanischen Orthografie bezeichnen, auch wenn es noch weitere
60 Jahre dauern sollte, bis man die Dialektformen aus dem Gegischen und Toskischen zu einer allgemeinen schriftsprachlichen Norm verschmolz.
Seit dem Kongress von Monastir im November 1908 wird ausschließlich das lateinische Alphabet verwendet. Davor wurde Albanisch auch in griechischer und arabischer Schrift
geschrieben.
Die albanische Sprache wird konsequent phonetisch geschrieben. Sie verwendet die Buchstaben a, b, c, ç, d, e, ë, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, x, y, z.
Weitere Laute werden durch die Digraphen dh, gj, ll, nj, rr, sh, th, xh und zh wiedergegeben. Diese Digraphen gelten als untrennbare Einheiten und werden (z. B. in
albanischen Wörterbüchern) wie eigene Buchstaben behandelt.
Zur Aussprache der einzelnen Buchstaben und Digraphen vgl. unten.
Aussprache
Buchstabe | IPA | Umschreibung | Beispiel |
c | [ʦ] | wie Z in dt. Zar | cigarja (die Zigarette) |
ç | [ʧ] | wie Tsch in dt. Tscheche | çasti (der Moment) |
dh | [ð] | wie th in engl. this | dhoma (das Zimmer) |
ë | [œ]/[ə] | betont: wie ö in dt. möchte; unbetont: e wie in dt. Matte (Schwa), am Wortende oft kaum hörbar. |
hëna (der Mond) |
gj | [ɟ] | ähnlich wie dj in dt. Nadja | gjithë (alles) |
ll | [ɫ] | wie л in russ. лaмпa/lampa oder l im Kölschen und Niederländischen |
fillimi (der Anfang) |
nj | [ɲ] | wie gn in ital. lasagne | njoh (kennen) |
q | [c] | palatales t, t + leichtes sch, etwas weniger stark als ç ähnlich wie tj in dt. Matjes alternative Aussprache: tj oder kj, weit hinten gesprochen (v. a. Mazedonien) |
qeni (der Hund) |
r | [ɾ] | einschlägiges Zungenspitzen-r | tre (drei) |
rr | [r] | gerolltes Zungenspitzen-r wie im Bairischen | rruga (die Straße) |
sh | [ʃ] | wie Sch in dt. Schule | shkolla (die Schule) |
th | [θ] | wie th in engl. think | thika (das Messer) |
x | [ʣ] | stimmhaftes c, ähnlich wie ds in engl. brands | lexoj (lesen) |
xh | [ʤ] | wie Dsch in dt. Dschungel | xhaba (umsonst) |
y | [y] | wie ü wie in dt. grün | pylli (der Wald) |
zh | [ʒ] | stimmhaftes sch, wie j in frz. journal | zhurmi (der Lärm) |
Das Toskisch-Albanische (Süd-Albanien, Arvanitika (Griechenland), Arbëresh (Italien), Südwest-Mazedonien) hat 29 Konsonanten und 7 Vokalphoneme.
Die Betonung liegt meist auf der vorletzten Silbe. Das Gegisch-Albanische (Nord-Albanien, Kosovo, Nordwest-Mazedonien, Südost-Montenegro) besitzt
darüber hinaus noch diese Konsonanten, Vokalphoneme und Nasalvokalen, die im Toskischen fehlen: ɑ ,ɒ , ɪ , ŋ , ɳ , ø , ɔ ,
ɹ , ʊ , ʏ
Konsonanten des Albanischen
bilabial | labio- dental |
dental | dental- alveolar |
alveolar | post- alveolar |
palatal | velar | glottal | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Plosive | p b | t d | c ɟ | k ɡ | |||||
Affrikaten | ʦ ʣ | ʧ ʤ | |||||||
Nasale | m | n | ɲ | ||||||
Vibranten | ɾ r | ||||||||
Frikative | f v | θ ð | s z | ʃ ʒ | h | ||||
Approximanten | j | ||||||||
Laterale | ɫ | l |
Vokale des Albanischen
vorne | zentral | hinten | |
---|---|---|---|
geschlossen | i y | u | |
mittel | ɛ | ə | ɔ |
offen | a |
Die Grammatik des Albanischen weist in der Struktur Ähnlichkeiten vor allem mit dem Französischen (v. a. die Subjonctifform "que je ...que tu ..."
Albanisch:"që unë ...që të ..."),
Rumänischen und dem Bulgarischen auf (siehe auch Balkansprachen, Sprachbund-Theorie).
1. Nomina: Die albanische Sprache kennt zwei Geschlechter: Maskulinum und Femininum.
Neutra finden sich nur noch als Relikte in der heutigen Sprache.
Albanische Substantive haben immer zwei Grundformen:
- bestimmt, Beispiel: java = die Woche, mit Artikelendung;
- unbestimmt, Beispiel: (një) javë = (eine) Woche, ohne Artikelendung.
Dies entspricht ungefähr den deutschen Substantiven, die einen bestimmten oder unbestimmten Artikel bei sich führen. Die syntaktischen Funktionen sind
aber nicht ganz deckungsgleich.
Im Gegensatz zum Deutschen gilt dies auch für (Eigen-)Namen: Bedeutung hat die Unterscheidung von bestimmter und unbestimmter Form somit für die
Richtigkeit von Lexikoneinträgen albanischer Orte und Personen in Fremdsprachen. Bei Städten, die bestimmt auf -a enden (z. B. "Tirana"), wird im
Deutschen in Anlehnung an die italienische Praxis diese Form verwendet. Endet ein Name bestimmt auf -i (z. B. "Durrësi") wird die unbestimmte
endungslose Form (in diesem Fall "Durrës") bevorzugt. Siehe dazu auch Liste der Städte in Albanien. Auf albanischen Landkarten wird dagegen
normalerweise durchgehend die unbestimmte Form verwendet (z. B. Tiranë).
Sehr formenreich und unregelmäßig ist die Pluralbildung der albanischen Substantive. Insgesamt existieren etwa 100 Klassen, nach denen die Mehrzahl
gebildet wird. Einige umfassen nur sehr wenige Wörter, andere sind häufig vertreten.
Die Deklination umfasst wie im Lateinischen fünf Fälle. Der 6. Fall Vokativ wird nur in der Anrede gebraucht und ist dort optional. Außerdem unterscheidet
er sich nicht vom Genetiv, weshalb der Vokativ in vielen Lehrbüchern nicht erwähnt wird. Die Deklination hängt ab vom Genus des Wortes, seiner Bestimmtheit
und ob es in der Einzahl oder Mehrzahl steht. Die Flexion erfolgt sowohl über Wortendungen als auch mit Hilfe vorangestellter Artikel. Im Vergleich zur
Pluralbildung sind die Deklinationen einfach und regelmäßig.
2. Pronomina: Die persönlichen Fürwörter im Albanischen lauten:
- 1. Person Einzahl: unë = ich
- 2. Person Einzahl: ti = du
- 3. Person Einzahl: ai, ajo = er, sie
- 1. Person Mehrzahl: ne = wir
- 2. Person Mehrzahl: ju = ihr sowie Anrede-/Höflichkeitsform (deutsch: "Sie")
- 3. Person Mehrzahl: ata, ato = sie (männlich), sie (weiblich)
3. Adjektive: Die Adjektive stehen normalerweise hinter dem Substantiv, das sie näher beschreiben. Ein Großteil von ihnen hat einen vorangestellten Artikel i
(männlich) oder e (weiblich). Beispiel: qyteti i madh = die große Stadt; motra e madhe = die große Schwester. Ein anderer Teil der Adjektive hat keinen Artikel.
Beispiel: qyteti plak = die alte Stadt (da "plak" mehr menschliches Alter bestimmen soll, wird im alltäglichen Sprachgebrauch in diesem Fall "qyteti i vjetër"
benutzt, wobei "vjetër" meist nichtmenschliches wiedergibt).
4. Präpositionen, Adverb und Partikel: Präpositionen verlangen im Albanischen entweder den Ablativ oder den Akkusativ.
5. Satzbau: Eine Besonderheit, die das Albanische mit anderen Sprachen teilt, ist die so genannte Objekt-Verdopplung.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1:
Të gjithë njerëzit lindin të lirë dhe të barabartë në dinjitet dhe në të drejta. Ata kanë arsye dhe ndërgjegje dhe duhet të sillen ndaj njëri tjetrit
me frymë vëllazërimi.
tə ɟiθ ɲeɾəzit lindin tə liɾə ðe tə baɾabaɾt nə diɲitet ðe nə tə drejta. ata kanə aɾsye ðe ndərɟeɟe ðe duhet tə siɫen ndaj ɲəɾi tjetɾit me frymə vəɫazərimi
Deutsch: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.